Earthship – netzunabhängige Behausung
Eine sehr besondere Art eines Niedrigenergiehauses ist das sogenannte Earthship. Das Konzept entstand in den 1970ern und stammt von einem Architekten namens Michael Reynolds. Die verwendeten Materialien sind überwiegend eines natürlichen Ursprungs, wie etwa Sand, Lehm, Stroh und Holz aus der Region, oder es handelt sich um entsorgte Gegenstände wie Autoreifen, die quasi keine Aufwertung erfahren. Darüber hinaus benötigt man nur wenige industrietechnische Objekte wie Fenster und Kollektoren.
Der Begriff Earthship ist eine Anspielung auf die biblische Arche Noah – einen schiffartigen Unterschlupf, der seine Insassen mit allem versorgen kann, was sie brauchen, ohne auf das übliche externe Versorgungsnetz angewiesen zu sein. Die alternative Bauweise der Earthships macht sich die Prinzipien der Natur zunutze. Ein Earthship hat verschiedene funktionale Aspekte. Einer davon ist, dass einige Elemente gewissermaßen wie eine Batterie funktionieren. Herkömmliche Häuser benötigen in vielen Regionen sowohl für die Beheizung als auch für die klimatische Temperaturregulierung Versorgungseinrichtungen. Bei den Earthships wird dies größtenteils durch die verwendeten natürlichen Materialien übernommen.
Etwa zwei Drittel der Wände solcher Behausungen bestehen im Kern vorwiegend aus verdichtetem Sand, der sich im Inneren von Reifen befindet, die leicht versetzt aufeinander gestapelt werden. Diese nehmen die nach innen geleitete Wärmeenergie der am Tage einfallenden Sonne auf und speichern sie. Nachts kann man davon in den Räumen profitieren, wenn die Wärme wieder freigegeben wird. Die übrige großflächig verglaste Frontfassade eines Earthships funktioniert wie ein vorgelagertes Gewächshaus, das gleichzeitig meist als Eingangsflur dient.
Der Gewächshausbereich kann je nach Region teilweise ganzjährig für die Eigenversorgung mit frischem Obst oder Gemüse genutzt werden. Durch den vorteilhaften geometrischen Aufbau und die Ausrichtung kann auch im Winter viel Sonnenenergie ins Innere gelangen, die Räume aufwärmen und die sandigen Energiespeicher wieder aufladen. In wärmeren Zeiten oder Regionen sorgt die Konstruktion der Häuser für eine Luftzirkulation, damit es im Inneren nicht zu heiß wird.
Zur Energieversorgung werden im Sinne der Nachhaltigkeit meist Solarkollektoren und eine Fotovoltaikanlage oder Windgeneratoren angebracht. Die überschüssige Energie kann in Batteriesystemen gespeichert und bei Bedarf wieder abgerufen werden. Darüber hinaus übernimmt das ausgeklügelte Earthship-System auch die Funktion einer autarken Kläranlage. Über die Dachkonstruktion wird Regenwasser gefiltert, aufgenommen und in speziellen Tanks am oder im Haus zwischengelagert.
Zusätzlich kann natürlich auch Wasser aus einem unterirdischen Brunnen hochgepumpt werden. Die Abwässer werden nach Grau- oder Schwarzwasser getrennt. So kann das Grauwasser für die Bewässerung der Gewächshauspflanzen genutzt werden. Das Schwarzwasser kann ausgeleitet, in speziellen Klärgruben zersetzt und anschließend ebenfalls für die Bewässerung einiger Pflanzen verwendet werden.